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Geht es beim Abnehmen wirklich um Ernährung? 

Das Internet ist voll von Rezepten, Tipps und Informationen, wie das Abnehmen im Körper funktioniert. Ok, oft sind es seltsame Annahmen, für die es keine wissenschaftliche Evidenz gibt. Aber warum scheitern viele Menschen immer wieder beim Abnehmen, wenn es doch genug Informationen gibt?

Zum einen muss die Person, die Abnehmen möchte, erstmal ins Handeln kommen. Dafür braucht es Motivation, einen inneren Antrieb. Wodurch dieser ausgelöst wird, ist verschieden. Das kann die Zahl auf der Waage sein, das Fettpolster im Spiegel oder der nächste Sommerurlaub. Was aber, wenn diese Dinge gegeben sind, es aber trotzdem nicht hinhaut?
Jede Person kann physiologisch Gewicht verlieren, das hatten wir schon mal geklärt. Wenn es vom Stoffwechsel her (Kaloriendefizit und genug Nährstoffe) stimmt, muss es da noch was anderes geben?

Nehmen wir an, du hast 100 % Ressourcen für alle deine Tätigkeiten und Bedürfnisse. Die 100 % teilen sich z.B. wie folgt auf:

  • Familie, 
  • Freunde, 
  • Beruf, 
  • Hobbys, 
  • Entspannung (Schlafen, TV?), 
  • Sport, 
  • essen, 
  • trinken
  • Sex

 

Vielleicht bleiben auch noch ein paar Prozent übrig für kleinere Dinge, die aus der Reihe tanzen. Die Ressourcen sind sonst komplett aufgeteilt. Jetzt kommt der Entschluss: „Ich will abnehmen.“ Jetzt muss wahrscheinlich irgendwas aus der Liste oben zurückstecken. Etwas Neues kommt erstmal dazu und braucht Ressourcen. Optimal ist, wenn die Ernährung kein kurzfristiges Projekt ist, sondern ein Projekt fürs Leben, es soll dem Lebensstil angehören.
Gewohnheiten sind feste Anker des Lebensstils. Gewohnheiten geben Sicherheit. Werden die Sicherheiten weggenommen, entsteht Stress. Der Körper schüttet Stresshormone aus, auch wenn es unbewusst ist, etwas Inneres steuert und übernimmt die Kontrolle. Vor allem, wenn der Alltag sowieso schon von Anfang bis Ende mit Terminen voll ist. Jetzt scheint es unmöglich, sich gegen die innere Kontrolle zu wehren. Man macht alles so wie immer, das gibt Sicherheit und beruhigt. Die Diät scheitert und das passiert immer wieder. 

Es wird noch schwerer, die Ernährung umzustellen, wenn Angehörige nicht mitspielen. Man kämpft einen weiteren Kampf. Die Kinder, die Frau oder der Mann wollen andere Sachen essen als man selbst. Das bringt wieder Stress, die Person kapituliert und schafft es verständlicherweise nicht, die Diät einzuhalten. Das Gleiche bei den Kollegen, diese gehen jeden Mittag in der Gruppe in den Imbiss um die Ecke. Aus Gruppenzwang bestellt die Person wie immer. 

Glaubenssätze aus der Kindheit, die man von den Eltern gelernt hat, sind tief einprogrammiert. „Iss deinen Teller leer, sonst gibt es kein schönes Wetter.“ Wurde dem Kind unbewusst einprogrammiert, dass die Gefühle keine Rolle spielen: "Weine nicht, dafür gibt es keinen Grund." „Oh, du bist traurig, hier ist was zu essen.“ 

Gefühle überwältigen die Person heute, es gab eine Enttäuschung, die Person ist traurig, jetzt wird erstmal etwas Süßes gegessen. Die Gewohnheit von früher greift und die gibt Sicherheit. Die meisten Prägungen erfahren wir in der Kindheit. Die Mama fragt die kleine Person: „Sollen wir zum Spielplatz gehen?“ Die kleine Person antwortet: „Nein, ich möchte zu Hause spielen.“ Die Mama sagt darauf: „Los, wir ziehen uns jetzt an und gehen zum Spielplatz.“ Das „Nein“ der kleinen Person wurde übergangen. Die kleine Person lernt, mein Wort, meine Meinung zählt nicht, hat keine Macht. 

Die Person kann heute nicht mehr Nein sagen, wenn es zu irgendwas gefragt wird. „Komm, wir bestellen noch den Nachtisch.“ Ja, ok. Ein innerer Konflikt entsteht, die Person möchte keinen Nachtisch, hat aber gelernt, dass das nicht zählt, was sie möchte. Wieder entsteht Stress, das innere Kind übernimmt die Kontrolle und bestellt ebenfalls den Nachtisch. 

 

 

Essen sorgt für einen Dopaminschub. Es macht glücklich und zufrieden. Hat die Person das früher „gelernt“ bzw. verknüpft mit anderen Dingen, wird das heute genauso abgespult. Wir Menschen sind auch nur Tiere. Es soll uns gut gehen, wir wollen Sicherheit. Sind es Geldprobleme oder Beziehungsprobleme kann dadurch die Kontrolle verloren werden und wieder zu den alten Mustern zurückgesprungen werden. Das ist so mannigfaltig, dass es bei manchen Menschen unmöglich erscheint, etwas zu ändern.

 

Individuell muss jede abnehmwillige Person die alten Muster durchbrechen. Das zu erkennen, ist ein wichtiger Schritt. Daraufhin kann versucht werden, Gewohnheiten Stück für Stück aufzubrechen. Statt eine ganze Palette an neuen Dingen zu etablieren, macht es wahrscheinlich mehr Sinn, kleine Bruchstücke einzugliedern. Wie z.B. mehr Protein essen, jede Mahlzeit soll eine Proteinquelle enthalten. 

Zum Frühstück ist es Quark oder Skyr. Zum Mittagessen die Hühnerbrust im Salat oder die Linsennudeln statt normaler Nudeln. Zum Abendessen gibt es Spiegeleier mit Wildlachs auf Brot. Ganz egal wie die Mahlzeiten sich sonst zusammensetzen, es ist immer Protein auf dem Teller. Das ist die einzige Veränderung die gemacht wird. Sie ist wesentlich einfacher umzusetzen als eine komplette Umstellung. Sobald diese Gewohnheit etabliert ist und sie ohne groß nachzudenken umgesetzt wird, kann der nächste kleine Schritt angegangen werden. So kann das innere Kind ein wenig ausgetrickst werden. Das heißt nicht, dass das innere Kind unterdrückt werden sollte, sondern lieber mit ihm gesprochen werden sollte, dass es zufrieden ist und neue Prägungen geschaffen werden können. 

 

Abnehmen ist also meist mehr als Rezepte zu befolgen.